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Der Einsatz von künstlicher Intelligenz: KI in der Kinderwunschmedizin

KI in vielen Bereichen der Medizin bereits in der Anwendung

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ist mittlerweile fester Bestandteil der heutigen, Hochleistungsmedizin. Von der Diagnoseerstellung über die personalisierte Behandlung bis hin zur Optimierung von Arbeitsabläufen – in all diesen Bereichen der optimalen Gesundheitsversorgung kommt immer häufiger künstliche Intelligenz (KI) zur Anwendung. Besonders hilfreich sind die KI-Technologien, wenn große Datenmengen analysiert werden müssen. Oft wird der Einsatz von KI hier nicht einmal wahrgenommen. Vor allem die Bildebenen Untersuchungen in der Radiologie und die Ultraschalldiagnostik profitieren von der Anwendung der KI.

Häufig wird die KI-Unterstützung erst bewusst wahrgenommen, wenn es etwa um Deep Learning (also des maschinellen Lernens) geht, und die KI-Personalarbeit übernimmt und/oder als Entscheidungsunterstützungshilfe dient.

Ein Beispiel für den Einsatz von einem Machine-Learning-Modell ist die Früherkennung neurodegenerativer Erkrankungen oder von Krebs. KI kann anhand von Bilderdaten entsprechende Muster erkennen und prognostiziert den weiteren Krankheitsverlauf anhand persönlicher Gesundheitsdaten und Daten aus der medizinischen Forschung. Hier ist die KI selbst dem trainierten menschlichen Auge überlegen und kann in kürzerer Zeit Aussagen treffen.

Artificial Intelligence in der Reproduktionsmedizin

Auch in der Reproduktionsmedizin gibt es seit einigen Jahren Ansätze die Erfolgswahrscheinlichkeit der assistierten Reproduktion mittels KI zu erhöhen. Ein Beispiel ist die KI-unterstütze Spermienselektion im Rahmen der ICSI. Ein weiteres Beispiel ist die Embryonenauswahl vor dem Transfer: hier soll die KI unterstützend helfen, den Embryo mit den größten Chancen auf eine Schwangerschaft für den Transfer auszuwählen.

Konventionell entscheiden Embryologen/innen anhand bewährter Kriterien, welcher Embryo die größten Chancen auf eine Schwangerschaft hat. Bei Next Fertility IVF Prof Zech wird die Klassifizierung der Blastozysten nach David Gardner verwendet: Diese erfolgt anhand von drei Kriterien (dem Grad der Ausdehnung der Blastozyste, die Qualität der inneren Zellmasse sowie die Qualität der äußeren Zellschicht, des Trophektoderms).

Vor ca. 15 Jahren wurde bereits ein Verfahren entwickelt, um die Auswahl des besten Embryos technisch zu unterstützen: die Time-lapse-Technologie. Mit Hilfe einer kontinuierlichen optischen Überwachung der Embryonalentwicklung werden morphokinetische Muster erfasst, die in der Routinebeobachtung so nicht sichtbar sind. Scoringsysteme dieser Muster bieten Vorhersagen an, ob ein Embryo eher implantiert oder nicht. Next Fertility IVF Prof. Zech hat die Time-lapse-Technologie frühzeitig eingesetzt, analysiert und diese Vorhersagen auch kritisch hinterfragt. Das Fazit unserer Erkenntnisse war, dass der Einsatz der Time-lapse Technologie die Gefahr birgt, dass Embryonen mit einem niedrigen Scoring verworfen werden, obwohl sie das Potential für eine intakte Schwangerschaft und Geburt eines gesunden Kindes besitzen. Und, dass der generelle Einsatz von Time-lapse nicht zu einer Steigerung der IVF-Erfolgsraten führt. Diese Aussagen besitzen noch immer noch Gültigkeit und stimmen mit Aussagen und Empfehlungen internationalen Fachgesellschaften überein.

KI-assistierte Embryonenauswahl noch nicht etabliert

Die aktuelle Entwicklung in der Embryonenbeurteilung zur Auswahl des Embryos mit den größten Chancen für eine Schwangerschaft kombiniert nun das Time-lapse-Verfahren mit der KI. Zeitrafferüberwachung und Deep-Learning-Algorithmen werden in IVF-Laboren angewendet, in der Hoffnung auf Verbesserungen der klinischen Ergebnisse. Viele vollautomatische KI-gestützte Programme wie CHLOE oder IdaScore versprechen diese Steigerung der Erfolgsraten. Robuste Daten fehlen hierzu allerdings noch, um diese Aussagen auch stützen zu können.

Eine kürzlich im renommierten Fachmagazin Nature Medicine veröffentlichte multizentrische, doppelt-verblindete randomisierte Studie mit über 1000 inkludierten Patienten zeigte noch keine verbesserte Schwangerschaftsrate durch den Einsatz von Time-lapse & KI gegenüber der konventionellen Blastozystenbeurteilung. Zwar zeigt diese Studie und viele weitere Untersuchungen, dass der KI-Einsatz oft mit einer reduzierten Evaluierungszeit einhergeht, für die/den Biologin/Biologen bedeutet es aber wiederum einen erhöhten Zeitaufwand, um diese von der künstlichen Intelligenz vorgeschlagenen Auswahlparameter auch zu überprüfen oder gegebenenfalls zu korrigieren.

Das Deep Learning basiert hierbei auch auf eine nahezu unerschöpfliche Vielzahl von morphokinetischen Parametern, die je nach Art und Version der KI und den verwendeten Trainingsdaten unterschiedlich gewichtet werden. Fazit: Wie in allen Bereichen der modernen Gesellschaft,  Wissenschaft und Medizin hat die KI auch in Kinderwunschzentren Potential. Die Systeme werden in unseren Labors fortlaufend evaluiert und getestet. Bis sie ihren Nutzen allerdings für Routineanwendungen bei Kinderwunschbehandlungen voll entfalten können, etwa zur automatisierten Auswahl der Embryonen, sind noch ein paar Schritte notwendig.