Der Auftakt zur Corona-Schutzimpfung (SARS-CoV-2) war gleichzeitig auch der Startschuss für zahlreiche Debatten, Theorien und Meinungen dazu – sowohl in Sozialen-Netzwerken als auch in klassischen Medien. Für zusätzliche Verunsicherung sorgen derartige Gerüchte wie eingangs aufgezeigt. Aber was bleibt unterm Strich davon übrig, wenn man die Situation objektiv betrachtet und sich an aktuellen medizinischen und biologischen Erkenntnissen orientiert?
Vor diesem Hintergrund möchten wir hier auf die häufigsten Fragen eingehen und kursierenden Gerüchten entgegentreten.
Welche Impfstoffe sind zugelassen, welche in den Startlöchern und wie funktionieren sie?
Derzeit sind in Deutschland und Österreich zwei Impfstoffe zugelassen (Stand 21.01.2021). Zum einen der mRNA-Impfstoff BNT162b2 von BioNTech/Pfizer der unter dem Namen „COMIRNATY“ in der EU zugelassen ist und zum anderen der Impfstoff von Moderna (mRNA-1273, Moderna Biotech) erhältlich unter dem Namen „Covid-19 Vaccine Moderna“. Beides sind auf m-RNA basierende Impfstoffe. Es handelt sich dabei um eine neue Generation von Impfstoffen. Das heißt, sie enthalten keine abgeschwächten oder abgetöteten Viren, sondern lediglich die Bauanleitung für einen bestimmten Bestandteil des COVID-19-Erregers, genauer gesagt, für ein Protein der Virusoberfläche (Spike Protein) wogegen das Immunsystem Antikörper bildet.
Darüber hinaus werden in Kürze mehrere Impfstoffe von mehreren Herstellern zu erwarten sein. Deren Funktionsweise ist teils recht unterschiedlich. Neben den m-RNA Impfstoffen gibt es solche, die auf inaktivierten Viren (sogenannte Totimpfstoffe) basieren (wie z.B. BBIBP-CorV Sinopharm), oder rekombinante Proteinimpfstoffe und nicht zuletzt Impfstoffe, die auf abgeschwächten Adenoviren beruhen (→ die Impfstoffe und deren Wirksamkeit im Überblick).
Diese unterschiedlichen Impftechnologien bzw. Impfstoffe können sich nicht nur in deren Wirksamkeit unterscheiden, sondern müssen auch hinsichtlich möglicher unterschiedlicher Nebenwirkungen berücksichtigt werden.
Was ist also dran an den eingangs aufgezeigten Gerüchten?
„Die Corona-Impfung macht unfruchtbar.“
Diese wilde Theorie basiert darauf, dass das Spike Protein von SARS-CoV-2 und Syncitin-1 (ein Protein, welches für die Plazentabildung wichtig ist) sich in einer Aminosäuresequenz ähnele und somit die Impfung quasi eine (auto-)Immunreaktion gegen die Plazentabildung auslösen würde. Dazu ist festzuhalten: Erstens existieren dafür keinerlei Belege und Hinweise in irgendeiner Art. Zweitens, eine zufällige Sequenzhomologie von vier Aminosäuren ist nicht selten und trifft wahrscheinlich noch auf eine Vielzahl anderer Proteine zu. Vier Aminosäuren reichen wohl kaum aus um eine Autoimmunreaktion auszulösen. Drittens, wäre dies tatsächlich der Fall, hätten wir angesichts der weltweit bislang über 100 Millionen an SARS-CoV-2 infizierten Menschen bereits eine sehr hohe Anzahl an unfruchtbaren Frauen und ansteigende Abort- bzw. Fehlgeburtenraten verzeichnen müssen. Dies ist aber keineswegs der Fall!
„Der Impfstoff ist zu wenig erforscht, denn es vergehen rund 15 Jahre ehe ein Impfstoff auf den Markt kommt.“
Es ist richtig, dass die Impfstoffherstellung im Regelfall länger dauert. Tatsächlich aber war eine schnelle Entwicklung von Impfstoffen deshalb möglich, weil mittlerweile neuere Technologien zu Verfügung stehen, wie etwa die m-RNA basierten Impfstoffe. Zum anderen beruhen viele der Erkenntnisse zu den Impfstoffentwicklungen aus Forschungsergebnissen mit anderen, verwandten Corona Viren. Zudem hat die Pandemie zu einer bis dato nicht gekannten Interaktion von Behörden, Firmen und Gesundheitsinstitutionen geführt.
Auch die Zulassung der derzeit in Deutschland und Österreich verwendeten Impfstoffe erfolgte, entgegen einiger kritischer Meinungen, auf regulärem Wege durch die EMA (Europäischen Arzneimittelagentur) und nicht über eine sogenannte „Notzulassung“ oder „Conditional Marketing Authorisation“ (CMA) bei der das/die Unternehmen innerhalb vorher festgelegter Fristen weitere Daten von laufenden oder neuen Studien vorlegen muss, um zu bestätigen, dass der Nutzen weiterhin die Risiken überwiegt.
„Der m-RNA Impfstoff verändert das Erbgut.“
Diese Behauptung kann man getrost in das Reich der Märchen & Mythen einordnen. Ein Übergang der Virus-m-RNA in die menschliche DNA ist so nicht möglich. Erstens, müsste die m-RNA dazu erst einmal in den Zellkern gelangen. Tut Sie aber nicht, da dieser von einer eigenen Membran der sogenannten Kernhülle umgeben ist. Auch müsste die m-RNA, die ja quasi eine Abschrift einer Nukleinsäure Sequenz der DNA ist, zuerst wieder in DNA übersetzt werden. Dazu bedarf es aber ein bestimmtes Enzym, einer reversen Transkriptase. Diese RNA-abhängige DNA-Polymerasen katalysieren eine Transkription in umgekehrter Richtung, nämlich von RNA in DNA. Allerdings stellt sich die Frage wo diese herkommen sollen. Diese reversen Transkriptasen kommen in Viren, z.B. in Retroviren vor. Zwar ist auch die im Menschen vorkommende Telomerase eine solche reverse Transkriptase, diese benutzt aber nur ihre eigene Matrize.
Welche drängenden Fragen häufen sich nun bei Paaren mit Kinderwunsch und/oder Schwangeren?
Soll ich mich nun bei Kinderwunsch gegen SARS-CoV-2 impfen lassen? Wenn ja, wann?
Eine Corona-Schutzimpfung bei Kinderwunsch kann im Hinblick auf eine mögliche Erkrankung in der Schwangerschaft sinnvoll sein, weil, im Gegensatz zum Frühjahr, die Daten nach dem derzeitigen Wissens-und Sachstand zeigen, dass es bei einer Infektion in der Schwangerschaft häufiger zu schweren Verläufe kommt als bei nicht-schwangeren Frauen. Zudem deuten einige Studien zwar darauf hin, dass es Babys von SARS-CoV-2-positiven Müttern meist gut geht, dennoch erhöhte Risiken für Frühgeburten bei SARS-CoV-2-positiven Schwangeren gegeben sind.
Obwohl ein Großteil der Infektionen mit SARS-CoV-2 bei Nicht-Risiko-Gruppen als auch in der Allgemeinbevölkerung und Schwangeren symptomlos bzw. mit lediglich milder Symptomatik (ca. 70-89% aller infizierten Schwangeren) verläuft, sind schwere Verläufe nicht auszuschließen.
Des Weiteren kann eine Impfung in Frage kommen, wenn berufsbedingt ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, wie z.B. bei Ärzten, Pflegekräften und Rettungssanitätern.
In Bezug auf die bereits zugelassenen m-RNA Impfstoffe kann zurzeit noch keine klare Empfehlung abgegeben bzw. Aussage über den Zeitpunkt der Impfung getroffen werden. Das RKI gibt hierzu keine Stellungnahme ab. Das amerikanische CDC (Centers for Disease Control and Prevention) spricht sich nach der Impfung nicht für eine Wartezeit bis zum Eintritt einer Schwangerschaft aus. Verschiedenste Gremien und Gesellschaften sind sich diesbezüglich uneins. Teilweise betrifft dies auch die Thematiken Impfen in der Schwangerschaft und die Impfung von stillenden Müttern. Zudem herrscht zwischen reproduktionsmedizinischen und gynäkologischen / geburtshilflichen Fachgesellschaften kein Konsens. Die Empfehlungen reichen von einem bis zu drei Monaten nach der letzten Impfung. Ob eine Kinderwunschtherapie diesbezüglich verschoben werden sollte, ist individuell zu beurteilen und mit dem behandelnden Arzt abzuklären. Im Regelfall lässt sich eine Stimulation / Embryo-Transfer verschieben. Unter bestimmten Umständen kann auch eine Kryokonservierung von Embryonen oder unbefruchteten Eizellen in Betracht gezogen werden.
Kann und soll ich mich als Schwangere gegen SARS-CoV-2 impfen lassen?
Im Regelfall: Nein. Die STIKO (Ständige Impfkommission) des RKI empfiehlt derzeit nicht in der Schwangerschaft zu impfen. Wie bereits oben angesprochen, kann aufgrund der mangelnden Datenlage keine definitive Aussage über die Sicherheit der Anwendung der Impfung während der Schwangerschaft sowie Stillzeit getroffen werden. Sie ist daher für Schwangere nicht empfohlen.
Eine Ausnahme könnte sein, wenn Sie zu einer Risikogruppe zählen. Fachgesellschaften wie die österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) empfehlen, die Entscheidung, ob dennoch eine Impfung während einer Schwangerschaft verabreicht werden soll, in Bezug auf das persönliche Risikoprofil der Schwangeren und vor dem Hintergrund der zu Verfügung stehenden Datenlage, mit dem behandelnden Arzt, zu entscheiden ist.
Abschließend möchten wir nochmals darauf hinweisen, dass die hier aufgeführten Antworten und Stellungnahmen den derzeitigen Wissensstand widerspiegeln. Keinesfalls ersetzen sie ein Beratungsgespräch. Individuelle Faktoren sowie die persönliche Anamnese sind immer zu berücksichtigen und in einen Entscheidungsprozess miteinzubeziehen.
Links:
» Grippe-Impfung in der Schwangerschaft – Erkrankungsrisiken, Impfstoff, Empfehlungen
(Beitrag | http://www.kinderwunsch-blog.com)
(Beitrag | http://www.kinderwunsch-blog.com)
» IVF in Zeiten von Corona – FAQs zum Beginn und zur Fortsetzung einer Kinderwunschbehandlung
(Beitrag | http://www.kinderwunsch-blog.com)
» „Aus der Routine heraus gewappnet“
(Beitrag | http://www.kinderwunsch-blog.com)
» „Corona Virus Infoupdate“ – Informationen und Beratungsmöglichkeiten für Kinderwunschpaare
(Beitrag | http://www.kinderwunsch-blog.com)
(Startseite | http://www.kinderwunsch-blog.com)
(Seite | http://www.kinderwunsch-blog.com)