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AMH-Wert – Schwangerschaftsprognose oder doch nur ein Laborbefund?

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Symbolbild | Foto: Shutterstock

Es ist fast naiv zu glauben, die Reaktionsfähigkeit des Eierstockes allein durch die Abnahme eines Blutwertes sicher vorhersagen zu können. Das aber meinen Vertreter der Krankenkassen, welche oft die Ergebnisse der Analyse des AMH-Wertes (Anti-Müller-Hormon wird im Blut der Frau nachgewiesen) von Kinderwunschpaaren fordern, um die Anzahl der zu gewinnenden Eizellen und die Chance auf eine Schwangerschaft vorhersagen zu können. Das heißt, dieser Laborwert wird quasi als Bemessungsgrundlage herangezogen, um eine Subventionierung der Kosten einer IVF-Therapie zu genehmigen, und damit den Weg aus der ungewollten Kinderlosigkeit zu ermöglichen.

Viele Beispiele haben uns demonstriert, dass weder der basale FSH-Wert (Bestimmung des Follikelstimulierenden Hormons am Beginn des Zyklus), noch Inhibin B oder AMH diese prognostische Aussage zulassen. Deshalb richten wir den Fokus der Untersuchung auf andere Parameter, wie den AFC und den EGP.

AFC – Antraler Follikelcount

Seit Jahren sehen wir, dass uns mit einer einfachen Ultraschall-Untersuchung und der Bestimmung der Anzahl der kleinen, sog. „antralen“ Follikel, ein mindestens gleich guter Vorhersage-Parameter zur Verfügung steht. Diese Untersuchung wird als AFC (antraler Follikel Count) bezeichnet. Noch besser lassen sich die Eibläschen (Follikel) mit der dreidimensionalen Ultraschall-Untersuchung erkennen, eine Untersuchungs-Technik die wir auch in der Stimulationsüberwachung anwenden. Unsere Ansicht zur Bedeutung des AFC wurde aktuell wieder in einer Veröffentlichung im Journal of Assisted Reproduction and Genetics, einer weltweit führenden Fachzeitschrift im Bereich der Assistierten Reproduktionsmedizin, bestätigt (DOI 10.1007/s10815-013-9975-3):

Die entsprechende Studie zeigt, dass AFC ein optimaler und unabhängiger Parameter ist, der eine herabgesetzte Reaktionsfähigkeit des Eierstockes auf eine hormonelle Stimulation (low ovarian response) vorhersagen lässt. Die Genauigkeit der Prognose konnte sich auch mit der Kenntnis des Alters der Frau und Bestimmung des AMH-Wertes nicht steigern lassen. Den Forschungsergebnissen zufolge, fanden 17% der Geburten bei Frauen mit einem AMH Wert der unterhalb der Norm lag statt.

Allerdings ist auch mit dem AFC nur die zu erwartende Anzahl der Eizellen, nicht aber deren Qualität beurteilbar. Unserer Meinung nach, ist erst mit der Kultivierung der Eizellen bis zum Blastozystenstadium (=Tag 5 Embryo) – egal wie viele Eizellen primär vorhanden sind – eine exakte Einschätzung möglich. Eine Frau mit nur 3 antralen Follikeln im AFC kann z.B. auch 3 Eizellen bilden, die sich zu 3 Blastozysten entwickeln. In Folge hat sie theoretisch die Chance auf die Geburt von 3 Kindern.

EGP – Expected Gametes Performance

Mit dem Fokus auf die entstandenen Blastozysten wollen wir eben nicht nur Labor-Parameter, Ultraschallbefunde und Eizellzahl, sondern auch das Stimulationsprotokoll, die IMSI Resultate, die Embryo-Kulturtechnik, die Tiefgefriertechnik etc. berücksichtigen. Diese Parameter fassen wir im EGP (Expected Gametes Performance) zusammen, und können so eine wesentlich genauere prognostische Beurteilung der Chancen eines Kinderwunschpaares abgeben, was folgendes Fallbeispiel aus der Praxis zeigt:

Bei einer 35 jährigen Frau besteht eine mehrjährige Kinderlosigkeit, wobei als Ursache eine verminderte Samenqualität ihres Partners festgestellt wurde. Der AMH-Wert war mit 0,2 deutlich reduziert und bei einer ersten Stimulation konnte lediglich eine Eizelle gewonnen werden. Die Schwangerschaft blieb aus.

Als sich das Paar an eines unserer Zentren wandte, ergab der AFC insgesamt 12 antrale Follikel, was altersgemäß war. Wir stimulierten mit einem GnRH-Long Protokoll und erhielten damit 6 Eizellen, die alle reif waren und mittels IMSI behandelt wurden. Daraus resultierten insgesamt 4 Blastozysten von denen eine TOP-Blastozyste transferiert wurde und zu einer intakten Schwangerschaft führte. Drei weitere Blastozysten wurden kryokonserviert.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es nahezu unverständlich ist, Frauen nur auf Grund eines Laborwertes der nicht der Norm entspricht, von einer Kinderwunschbehandlung auszuschließen, bei denen die Geburt eines Kindes durchaus möglich, wenn auch seltener ist.


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