Die Verunsicherung in puncto Corona-Impfung scheint derzeit, gerade bei jüngeren Menschen, größer denn je. Gerüchte wie „Unfruchtbarkeit nach COVID-Impfung“ halten sich hartnäckig. Was könnten mögliche Gründe dafür sein?
Das Thema Impfen, insbesondere die Corona-Impfung, ist bei vielen sehr emotional behaftet. Meist hervorgerufen durch mangelnde Aufklärung, Fehlinformationen und Vertrauensverlust in die Politik spielen entsprechende Einflüsse aus dem näheren Umfeld, z.B. im Freundes- und Familienkreis, eine wesentliche Rolle bei der Meinungsbildung. Zudem wird seit Beginn der Pandemie von verschiedenen Seiten noch „Öl ins Feuer gegossen“, indem teils gefährliche Verschwörungstheorien die Runde machen.
Was ist also dran an solchen Gerüchten, wie eingangs erwähnt? Dazu befragen wir Experten und werfen einen Blick auf die aktuelle Berichterstattung. Beginnen wollen wir mit dem Facharzt und Reproduktionsmediziner Dr. Maximilian Murtinger (NEXTCLINIC IVF Zentren Prof. Zech – Bregenz).
Macht die Corona-Impfung unfruchtbar?
„Wäre dies tatsächlich der Fall, hätten wir angesichts der weltweit bislang über 2,3 Milliarden vollständig geimpfter Menschen bereits eine sehr hohe Anzahl an unfruchtbaren Frauen. Dem ist aber nicht so. Diese wilde Theorie basiert darauf, dass das Spike Protein von SARS-CoV-2 und Syncitin-1 (ein Protein, welches für die Plazentabildung wichtig ist) sich in einer Aminosäuresequenz (VVNQN und VVLQN ähnele und somit die Impfung quasi eine (auto-)Immunreaktion gegen die Plazentabildung auslösen würde. Erstens, eine zufällige Sequenzhomologie von vier Aminosäuren bei 20 proteinogenen Aminosäuren ist durchaus nicht selten und trifft auf eine Vielzahl anderer Proteine zu. Vier Aminosäuren reichen wohl kaum aus, um eine Autoimmunreaktion auszulösen. Zumal die Aminosäureabfolge alleine noch nichts über die 3D Proteinstruktur uns damit über die Antigenerkennung aussagt. Zweitens liegt besagte Sequenz im Synzytiotrophoblast unterhalb der Oberfläche zwischen Lipidschichten der Oberflächenmembran und ist somit für potenzielle Antikörper nicht unbedingt erreichbar. Und drittens, würde eine Autoimmunreaktion tatsächlich stattfinden, hätten wir bereits jetzt Millionen von infertilen Frauen aufgrund einer COVID-19 Erkrankung.“
Wie funktionieren eigentlich diese m-RNA-Impfstoffe?
M. Murtinger: „Eines gleich vorweg: Entgegen den kursierenden Gerüchten zur möglichen Genmanipulation durch m-RNA Impfstoffen, kann m-RNA nicht ohne weiteres in DNA übersetzt werden und sich auch noch ins menschliche Genom integrieren! Ein m-RNA-Impfstoff enthält keine abgeschwächten oder abgetöteten Viren. Die m-RNA basierten Impfstoffe enthalten lediglich die Bauanleitung für ein Antigen, d.h. bestimmten Bestandteil des SARS-CoV-2 Virus, genauer gesagt für ein Protein der Virusoberfläche (Spike Protein). Das vom menschlichen Körper gebildete „Fremdprotein“ löst dabei die körpereigene Immunantwort aus.“
Kann es zu Zyklusstörungen nach einer Corona-Impfung kommen?
Es gibt immer wieder Frauen, die nach einer CoV-Impfung über Veränderungen im Zyklus berichten, etwa dass ein sonst sehr regelmäßiger Zyklus plötzlich ausbleibt oder unregelmäßig wird, so Alexandra Kautzky-Willer, Leiterin der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel an der Uniklinik für Innere Medizin in Wien, im Beitrag „Keine Gefahr für Zyklus und Fruchtbarkeit“ auf science.orf.at (16.09.2021). Gleichzeit gibt die Gender-Medizinerin Entwarnung:
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„Das sei aber nicht anders als bei anderen Impfungen, denn auch hier kommen Zyklusverschiebungen immer wieder vor: Das wurde etwa nach Grippeimpfungen oder HPV-Impfungen beobachtet. Bei den mRNA-Impfstoffen sei zudem eine geringe Immunreaktion möglich: Auch in der Gebärmutter befinden sich Immunzellen, die prinzipiell dazu führen könnten, dass es tatsächlich zu ein bis zwei unregelmäßigen Zyklen kommt. Wahrscheinlicher sei aber, dass die Zyklusstörungen durch vermehrten Stress entstehen. Denn die hormonellen Veränderungen im Zyklus der Frau werden im Gehirn gesteuert. Vermehrter Stress durch die gesamte Coronavirus-Situation könne den Zyklus beeinflussen.“
Wie sehen aktuelle Empfehlungen bei Kinderwunsch, für Schwangere und Stillende aus?
Mehrere nationale und internationale Fachgesellschaften haben diesbezüglich bereits Impfempfehlungen mit m-RNA Vakzinen ausgesprochen. Selbstverständlich immer unter Berücksichtigung der individuellen medizinischen Situation. Dazu Research Associate & Scientific Coordinator der NEXTCLINIC IVF Zentren Prof. Zech – Bregenz, Dr. Maximilian Schuff:
„Auch die letzten Auswertungen und Ergebnisse der US-amerikanischen Behörden CDC und FDA zeigten keine offensichtlichen Sicherheitsbedenken bei Schwangeren, die mRNA COVID-19-Impfstoffe (BNT162b2 von Pfizer-BioNTech und mRNA-1273 von Moderna) erhalten hatten. Bei spezifischen Reaktionen wurden zwar geringfügige Unterschiede in der Meldehäufigkeit zwischen schwangeren und nicht schwangeren Frauen beobachtet (bei Schwangeren wurden häufiger Schmerzen an der Injektionsstelle berichtet, und andere systemische Reaktionen wurden häufiger bei nicht schwangeren Frauen berichtet). Das Gesamt-Risikoprofil war dabei aber ähnlich niedrig. Publiziert wurden diese Daten im Fachblatt New England Journal of Medicine (NEJM). Am 10.09.2021 hat nun auch die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut in Deutschland (STIKO) eine Pressemitteilung zur Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung für Schwangere und Stillende herausgegeben. Danach empfiehlt diese auf Grundlage der vorhandenen Evidenz:
- eine COVID-19-Impfung von bisher nicht oder unvollständig geimpften Schwangeren ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel
- sowie von nicht oder unvollständig geimpften Stillenden
- empfohlen wird die vollständige Vakzinierung mit zwei Dosen eines m-RNA-Impfstoffs
Das STIKO-Mitglied Dr. Marianne Röbl-Mathieu verweist dabei auf das erhöhte Risiko Schwangerer für schwere Verläufe. Dies zeigt unter anderem das CRONOS Register.“
Impfung vor der Empfängnis sollte erste Wahl sein
M. Schuff: „Zugleich steigt der Druck durch die seit Monaten sich ausbreitende und mittlerweile dominierenden Delta Variante (B.1.617.2). Diese zeigt sich bisher deutlich infektiöser und ist auch öfter mit schwereren Verläufen assoziiert. Allerdings betont Professor Christian Bogdan, ebenfalls STIKO Mitglied, dass das Impfen in der Schwangerschaft immer nur die zweitbeste Lösung sei. Besser sollte bereits vor der Empfängnis geimpft werden. Dies biete auch einen sehr guten Schutz im 1. Trimenon, wo eine Impfung nicht empfohlen wird, so Bogdan weiter (Quelle Ärzte Zeitung online). Damit spricht auch weiterhin generell nichts gegen eine Corona Virus-Schutzimpfung bei Kinderwunsch oder auch vor einer IVF-Behandlung.“
Sollten also Bedenken in Verbindung mit der Corona-Impfung auftreten, ist es sicherlich ratsam, in erster Linie das aufklärende Gespräch mit dem Hausarzt bzw. Gynäkologen zu suchen. Unbestritten ist laut Experten: Die Impfung verhindert schwere Verläufe einer COVID-19 Erkrankung und schützt damit besonders auch Mutter und Kind in der Schwangerschaft. Negative Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit durch die Impfung sind bisher nicht nachgewiesen worden. Und das Wichtigste:
Die Impfung kann Leben retten!
Links:
» Corona Virus-Impfung (SARS-CoV-2)
(Seite | https://www.ivf.at)
» Serologische Untersuchungen: Persönlicher Corona Virus-Test (SARS-CoV-2)
(Seite | https://www.ivf.at)
(Startseite | http://www.kinderwunsch-blog.com)
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