Es gibt Lebenssituationen, die Frauen und Männer dazu bewegen, präventiv Schritte zu setzen, um ihre Fruchtbarkeit zu erhalten. Möglich wird dies durch biologisch-technische Verfahren in der modernen Reproduktionsmedizin, womit Geschlechtszellen (Gameten) sicher eingefroren und konserviert werden können. Experten sprechen hierbei von einer Fertilitätsprotektion, wofür es sowohl medizinische als auch andere, persönliche Beweggründe geben kann. Ziel ist es, dass betroffene Frauen und Männer auch weiterhin die Chance haben, ggf. zu einem späteren Zeitpunkt, mit eigenen Eizellen bzw. Spermien Eltern zu werden.
Fertilitätsprotektion
… vor Krebstherapie
Zum Schutz der Fruchtbarkeit von Frauen, Männern und besonders von Jugendlichen, die an Krebs erkrankt sind und vor einer entsprechenden Behandlung stehen (Operation, Chemotherapie, Bestrahlung), ist entscheidend, frühzeitig und rasch zu handeln. Denn, unerwünschte Nebenwirkung der Krebstherapie können die künftige Zeugungsfähigkeit der Patientinnen und Patienten mit großer Wahrscheinlichkeit einschränken oder gar irreparabel schädigen.
Umso wichtiger ist die Aufklärung bzw. Bewusstsein zu schaffen, bis hinein in die Onkologie-Abteilungen der Kliniken und Krankenhäuser. Dem widmet sich u.a. FertiPROTEKT, ein bekanntes europäisches Netzwerk und deren Mitglieder wie die NEXTCLINICS IVF Zentren Prof. Zech, wo die Fertilitätsprotektion durchgeführt werden kann. In Puncto Kosten besteht hierbei die Möglichkeit, dass diese ggf. ganz oder anteilig von den jeweiligen Krankenkassen übernommen werden.
… bei Endometriose und POI
„Aus der klinischen Praxis wissen wir, dass die Eizellvorsorge überwiegend medizinische Hintergründe hat. Dazu gehört nicht nur die junge, an Krebs erkrankte Patientin, die sich einer Chemotherapie unterziehen muss, sondern auch andere Indikationen, wie z.B. Endometriose. Diese Erkrankung ist weit verbreitet und in seiner Auswirkung oft unterschätzt. Die entsprechende chirurgische Intervention ist u.a. mit Einbußen der ovariellen Reserve verbunden (→ mehr erfahren). Auch bei einer drohenden prämaturen Ovarialinsuffizienz (POI) ist eine Eizellvorsorge indiziert. POI betrifft etwa 1- 2% der Frauen vor dem 40. Lebensjahr. Und es gibt noch viele andere triftige Gründe eine Eizellvorsorge in Betracht zu ziehen. Die einzelnen Indikationen für sich betrachtet mögen vielleicht nicht so häufig sein, in ihrer Gesamtheit sind sie es durchaus.“
… aus individuellen Beweggründen
Beim Thema „Eizellen einfrieren“ haben Viele oft den kaum definierten Begriff „Social freezing“ vor Augen. Aber was heißt das eigentlich? Grundsätzlich versteht man darunter, dass neben den erwähnten medizinischen Ursachen, die zur vorsorglichen Kryokonservierung von Eizellen/Spermien führen, auch gesellschaftliche Entwicklungen eine Rolle spielen können. Das heißt, immer mehr Frauen und Männer wollen oder können ihre Familienplanung aktuell noch nicht, aber evtl. zu einem späteren Zeitpunkt im Leben verwirklichen. Besonders für Frauen ist es eine Sicherheit, die ihnen oftmals auch den Druck rund ums Kinderkriegen nimmt.
Eizellvorsorge
Zeitpunkt
Grundsätzlich gilt: So früh wie möglich. Denn, zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr ist die weibliche Fruchtbarkeit am stärksten ausgeprägt und nimmt danach ab. Um in Folge die Chancen auf eine intakte Schwangerschaft, die zur Geburt eines gesunden Kindes führt, möglichst zu erhöhen, ist die sichere Anwendung der Kryokonservierungstechniken durch eine erfahrenes Labor- und Ärzteteam mitentscheidend. Dabei spielt das Alter der Frau bei der Eizellentnahme eine wesentliche Rolle. Ab Mitte 30 nimmt die Eizellqualität deutlich ab und der Anteil der Eizellen mit chromosomalen Anomalien nimmt zu. Aber auch andere anamnestische Parameter sind zu berücksichtigen.
Behandlung
Die entsprechende Behandlung beginnt mit einem ausführlichen Beratungsgespräch, u.a. mit Informationen zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen und möglichen Risiken. Außerdem erfolgt eine gynäkologische Untersuchung, eine Hormonanalyse und die Abklärung möglicher Infektionsparameter. Der behandelnde Arzt legt den Ablauf und die Medikation für die hormonelle Stimulation der Eierstöcke fest. Es folgen regelmäßige Ultraschallkontrollen, um den möglichst optimalen Zeitpunkt für die Eizellentnahme zu bestimmen.
Bei der hormonellen Stimulation sind sowohl die Medikation und Dosierung als auch die Verabreichung auf die Patientin abgestimmt. Im Grunde ist die Behandlung nebenwirkungsarm. Übelkeit, Gewichtszunahme, Stimmungsschwankungen sind möglich. In wenigen Einzelfällen kann ein ovarielles Hyperstimulationssyndrom (OHSS) auftreten. Bei der Therapieplanung und im Therapieverlauf wird aber alles daran gesetzt dies zu vermeiden. Dazu gehören engmaschige Kontrollen und gegebenenfalls eine Anpassung des Stimulationsschemas.
Bei der Entnahme der Eizellen handelt es sich in der Regel um einen kurzen, ambulant-durchgeführten Eingriff unter Sedoanalgesie. Das heißt, die Patientin befindet sich in einem Art Schlafzustand und spürt dadurch nichts. Die Eierstöcke werden über die Scheide mit einer Nadel punktiert und die Follikel bzw. die darin eingebetteten Eizellen abgesaugt und in Folge mittels sicheren Kryokonservierungstechniken, wie der aseptischen Vitrifikation, tiefgefroren.
Dauer der Kryo-Lagerung
Die Kryolagerung erfolgt in speziellen Stickstofftanks bei -196° C. Die Eizellen befinden sich dabei in hermetisch verschweißten Kryo-Straws und kommen daher nicht in direkten Kontakt mit dem flüssigen Stickstoff. So wird eine potenzielle Schädigung durch Pathogene oder chemisch-reaktive Substanzen während der Kryo-Lagerung nahezu ausgeschlossen. Damit ist eine Aufrechterhaltung der Eizellvitalität auch über längere Zeiträume möglich. Je nach Gesetzeslage kann die maximale Aufbewahrungsdauer für unbefruchtete Eizellen befristet sein.
Chancen auf eine spätere Schwangerschaft
Experten wie Dr. Murtinger gehen davon aus, dass die Erfolgschancen in etwa jenen entsprechen, die zum Zeitpunkt der Eizellentnahme mit anschließender Kryokonservierung gegeben waren. Es muss jedoch immer die individuelle Situation berücksichtigt werden. Vorausgesetzt sind u.a. eine gute körperliche Verfassung und eine intakte Gebärmutter.
„Es gibt eine ziemlich breite Varianz in den Konzeptionschancen. Natürlich kann auch eine gesunde 40-jährige Frau unmittelbar spontan schwanger werden. Im Mittelwert sind die entsprechenden Konzeptionschancen aber nur noch maximal halb so hoch wie jene einer 35-jährigen Frau und sie nehmen jenseits der 40 weiter rapide ab. Grundsätzlich ist wichtig zu erwähnen, dass eine vorsorgliche Einlagerung von unbefruchteten Eizellen oder Samenzellen keineswegs bedeutet, dass nicht auch eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege angestrebt werden sollte, sofern keine triftigen medizinischen Gründe dagegensprechen.“ so Dr. Murtinger in einem kürzlich veröffentlichen Interview des Schweizer Magazins „Annabelle“.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Kryokonservierung eigener Geschlechtszellen überwiegend zum Erhalt der Fruchtbarkeit vor Therapien im Rahmen von Krebserkrankungen durchgeführt wird. Aber nicht nur bei Krebs und anderen malignen Erkrankungen kann eine Fertilitätsprotektion hilfreich sein, sondern auch bei Endometriose und prämaturer Ovarialinsuffizienz (POI). Kurz gesagt alles, was zur Schädigung der ovariellen Reserve führt. Wir sehen heute auch, dass bei einer Verschiebung der Familienplanung vorsorgliche Überlegungen, und damit einhergehend fruchtbarkeitserhaltenden Maßnahmen, immer wichtiger werden.
Links:
» Eizellen vorsorglich einfrieren – Unterschiedliche Beweggründe, unterschiedliche Regelungen
(Beitrag | http://www.kinderwunsch-blog.com)
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