Geduld mit sich selbst haben
Kaum jemand ahnt vorab, dass es mit dem Schwanger werden lange dauern wird. Zunächst wird es nach dem Absetzen des Verhütungsmittels auf „gut Glück“ versucht, später wird dann ein interaktiver Eisprungkalender zur Bestimmung der fruchtbaren Tage zur Hilfe genommen. Der nächste Schritt ist dann oft ein Ovulationstest und inzwischen sind auch schon einige Monate ins Land gezogen. Schließlich wird der Frauenarzt um Rat gefragt und der empfiehlt meist Geduld und bestimmt ein paar Hormonwerte – ist hier alles im Normbereich, wird meist noch einmal gewartet, bevor es zu einer umfassenderen Untersuchung der Ursachen kommt. Vielleicht ist dann seit dem Beschluss, eine Familie zu gründen, bereits ein Jahr und mehr vergangen und alle Geduld ist nun aufgebraucht. Ratschläge wie „sei entspannt, lenk dich ab, denk an was anderes“ sind zwar gut gemeint, aber die Umsetzung stellt ein Problem dar.
Vermeide Stress?
„Vermeide Stress“ heißt es. Aktivitäten werden reduziert, Entspannungspausen eingelegt, belastende Situationen vermieden – dies sind alles gute Maßnahmen gegen äußere Belastungen, doch der emotionale Stress bleibt meist bestehen.
Der Psychologe R. Duncan Wallace beschreibt in seinem Buch „The Book of Psychological Truths“* die Ursache und die Vermeidung von innerem Stress. Dabei erklärt er zunächst, wie Stress entsteht:
Wenn Menschen einem Vorhaben eine sehr wichtige Priorität geben, dann erzeugen die Gedanken um das Vorhaben mentalen Druck. Unter großem mentalem Druck reagieren wir meist, indem wir unser Denken von realistisch möglich auf absolut notwendig umschalten.
Realistisch mögliches Denken hieße „Mal sehen wie ich das erreiche“ oder „ich versuche, es mit diesen Schritten zu erreichen“.
Wenn wir zum absolut notwendig Denken umschalten, sind unsere Gedanken „Ich muss das schaffen“ … wir tun so als gäbe es keinen anderen Weg und kein anderes mögliches Ergebnis als das, welches wir uns vorgenommen haben.
Wenn dem Ergebnis also eine solch wichtige Notwendigkeit gegeben wird, fürchten wir uns vor dem Versagen, davor, das gewünschte Ergebnis nicht zu erreichen. Eine Niederlage darf nicht sein denn unser Gehirn sagt uns ja jetzt, dass ein positives Auskommen der Situation zwingend notwendig ist. Wir lassen alle anderen Möglichkeiten zur Lösung außer Acht und versteifen uns auf das gewünschte Ergebnis und den geplanten Weg dorthin. Das ist Stress.
Was hilft gegen emotionalen Stress?
Es gilt, dieses Denken zu durchbrechen, um den Stress abzubauen. Sicher ist der Wunsch nach einem Kind für ein Paar sehr wichtig und das Ziel, eine Familie zu gründen, ist realistisch und nur zu verständlich. Doch das Denken darf nicht auf „ich muss jetzt und auf natürlichem Weg schwanger werden sonst habe ich keine Freude im Leben“ eingeschränkt werden. Vielmehr sollte es in Richtung „Ich werde auf diese oder auf eine andere Art schwanger – entweder bald oder in der Zukunft“ gehen.
Es gibt so viele Möglichkeiten, eine Familie zu gründen. Wenn es auf natürlichem Weg länger dauert als gedacht, dann kann es dennoch passieren.
Und wenn es nicht so ist, oder wenn man nicht so lange warten möchte, dann gibt es je nach Ursache hormonelle Hilfe oder auch medizinische Möglichkeiten wie die künstliche Befruchtung, die den Traum vom Kind wahr werden lässt.
Und auch mit Pflegekindern oder Adoptivkindern lässt sich eine Familie gründen.
Alle diese Möglichkeiten – ob man sie nun bereites ernsthaft in Betracht zieht oder nicht – sollten als Möglichkeiten in das Denken mit eingebunden werden. Wenn das Unterbewusstsein Alternativen bekommt, dann kann es entspannen und der Stress lässt nach.
Bei MIR klappt das nicht
Viele Frauen sehen die Schuld an einer ausbleibenden Schwangerschaft zunächst nur bei sich selbst. Auch die daraus resultierende Unsicherheit, Unzufriedenheit und Sorge scheint zunächst nur sie zu betreffen. Dabei übersehen sie oft, dass das Ausbleiben einer Schwangerschaft auch den Partner belastet – Männer zeigen es nur anders oder verbergen es besser. Schuldfragen sind hier aber generell fehl am Platz. Die Frage nach der Ursache hat allenfalls medizinische Relevanz bei der Behandlung, sollte aber niemals Gegenstand von Schuldgefühlen oder -zuweisungen werden. Ganz wichtig ist jetzt vielmehr, als Paar zusammen zu halten, offen über die eigenen Gefühle zu sprechen und sich gegenseitig zu versichern, dass man das gemeinsam lösen wird. Der Partner ist somit die wichtigste Person, wenn es darum geht, die Situation zu verarbeiten und den damit verbundenen Stress zu reduzieren.
Alle haben Kinder, nur ich nicht!
Wenn man sich ein Kind wünscht, dann verändert sich der Fokus: Überall werden einem plötzlich Kinderwagen in den Weg geschoben, die Kinder aus der Nachbarschaft scheinen sich magisch vervielfacht zu haben und sind einfach überall und das Fernsehen zeigt neuerdings auch nur noch glückliche Familien.
Es ist wichtig, zu erkennen, dass dieses plötzlich überproportionale Auftauchen von Babys und Kindern im eigenen Umfeld auf einer veränderten Wahrnehmung basiert. Man sieht das, womit man sich beschäftigt und es hilft, ehrlich zu sich selbst zu sein: Ich sehe das, weil ich unterbewusst danach suche! Es ist dagegen auch nichts einzuwenden, solange man andere Familien und deren Kinder mit einem guten Gefühl ansieht. Wenn Traurigkeit oder Neid und Selbstmitleid dabei die begleitenden Gefühle sind, dann kann man versuchen, diese in Vorfreude umzuwandeln: „Das werden wir auch haben, es dauert nur etwas länger als erwartet!“
Wenn alle Freunde schwanger werden
„Ich bin schwanger!“ bei einem solchen Satz sollte sich jeder mit den werdenden Eltern freuen, doch wenn sich der eigene Kinderwunsch noch nicht erfüllt hat, dann bleibt einem das „Glückwunsch!“ leicht im Hals stecken und auch das Lächeln ist gequält.
Paare mit unerfülltem Kinderwunsch haben Einiges zu verdauen: Nicht nur dass es bei ihnen nicht klappen will, alle anderen im Freundes- und Bekanntenkreis werden offenbar problemlos schwanger und man muss den wachsenden Bäuchen zuschauen, Ultraschallbilder bewundern oder sich mitleidige Sprüche anhören. Das ist wirklich schwierig auszuhalten und nur zu verständlich, dass manche Frauen fast das Gefühl haben, die anderen würden keine Rücksicht auf sie und ihre Gefühle nehmen.
Doch statt ein Feindbild aufzubauen und sich abzuschotten, ist es besser, zu versuchen, den Freunden die eigenen Gefühle zu erklären. „Ich möchte mich so sehr für euch freuen und ein Teil von mir tut dies auch – aber es tut mir auch weh weil ich mir das für mich auch wünsche.“
So ein einfacher Satz kann die Freundschaft auf eine ganz neue Ebene bringen. Auszusprechen was man fühlt, kann dazu führen dass man auch darüber spricht, wie durch die Freunde geholfen werden kann. Freunde können eine wichtige Ressource bei der Verarbeitung von ungewollter Kinderlosigkeit sein, es lohnt sich, sie zu nutzen.
Links:
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