… einem Syndrom, bei dem die Betroffenen zwar körperlich überwiegend weiblich sind, aufgrund einer Genmutation aber einen „männlichen Chromosomensatz“ (Karyotyp XY) aufweisen und daher unfruchtbar bleiben. Schwanger zu werden, und dann ein gesundes Kind zur Welt zu bringen scheint nahezu unmöglich. Die Chance: Eine IVF-Therapie mit Eizellspende.
Ein aktueller Fall in den IVF Zentren Prof. Zech, bei dem die Kinderwunschbehandlung sogar zur Geburt von Zwillingen geführt hat, beweist dies eindrucksvoll.
Die Kinderwunsch-Spezialisten haben dazu jetzt eine entsprechende Analyse in den Archives of Gynecology and Obstetrics veröffentlicht, einer der höchst platzierten Fachzeitschriften für Gynäkologie und Geburtshilfe (den gesamten Artikel finden Sie hier).
Weltweit wurden bislang nur 6 Fälle in der Fachliteratur beschrieben, bei denen es trotz Swyer- Syndrom zu einer intakten Schwangerschaft und zur Geburt eines gesunden Kindes gekommen ist. Bei Zwillingsschwangerschaften bzw. Zwillingsgeburten war es bis auf das aktuelle Beispiel sogar nur ein Fall!
Mann oder Frau?
Was macht eigentlich eine Frau aus und was einen Mann? Normalerweise wird das Geschlecht durch die Geschlechtschromosomen festgelegt. Bei der Frau liegt bekanntermaßen also zweimal das X-Chromosom vor, beim Mann ein X und ein Y-Chromosom. Soweit zur Theorie.
Einige, wenige Gene wie etwa der Transkriptionsfaktor SRY, der auf dem Y-Chromosom liegt bestimmen darüber ob sich ein männlicher oder weiblicher Phänotyp ausprägt. Darüber hinaus sind noch eine Reihe autosomaler Gene und Genabschnitte bekannt die die Entwicklung der Geschlechtsorgane, oder zumindest das „Basisprogramm“ dafür steuern. Die Signalwege bei dieser Geschlechtsdifferenzierung sind jedoch immer noch weitgehend unerforscht.
Treten aber während der Spermatogenese oder auch nach der Befruchtung der Eizelle Mutation(en) oder chromosomale Deletionen im Bereich dieser geschlechtsbestimmenden Gene auf, und diese in Folge inaktiviert werden, kann das ungeahnte Folgen haben.
Kleine Ursache- große Wirkung
Es kommt dann zu einer Fehlentwicklung der Keimdrüsen (Gonaden), einer sogenannten Gonadendysgenie. Ein klassisches Beispiel ist das von G.I.M. Swyer im Jahr 1955 beschriebenen und nach ihm benannten Syndroms. Die Betroffenen zeigen rein äußerlich ein mädchenhaftes Aussehen, Es kommt zur Ausbildung von Klitoris, Schamlippen, Vagina und Gebärmutter, besitzen aber einen „männlichen Chromosomensatz“ (Karyotyp XY). Die Entwicklung nach der Geburt verläuft normal, jedoch erfolgt keine Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale, wie z.B. der weiblichen Brust, und es kommt auch nicht zur Regelblutung. Im Normalfall kann dies heutzutage mittels Hormontherapie gut kompensiert und ein regelmäßiger Menstruationszyklus aufgebaut werden. Jedoch bleiben Menschen mit Swyer-Syndrom unfruchtbar, da sich die Eierstöcke nicht richtig ausbilden sondern in einer bindegewebsartigen Struktur als sogenannte „Streak-Gonaden“ vorliegen und auch meist operativ entfernt werden, da sich diese über einen längeren Zeitraum hinweg zu einem Tumor entwickeln können.
Durch Eizellspende zum Kind
Durch den enormen technischen und wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich der Reproduktionsmedizin bleibt aber auch in diesen Fällen der Weg zum Wunschkind nicht länger verwehrt. Über eine IVF Therapie mit Eizellspende, ICSI oder IMSI und anschließendem Embryotransfer, ist es mittlerweile gelungen nicht nur Schwangerschaften zu erzielen sondern sogar Geburten – trotz dieser Fertilitätseinschränkung.
Immer noch zu wenig bekannt
Nur ein kleinerer Teil der Swyer-Syndrom Fälle zeigen eine klassische Mutation im SRY Gen. Bei einem großen Teil ist und bleibt der mutierte oder deletierte Genbereich unbekannt. Ob- und inwieweit unterschiedliche Mutationen eine Implantation oder einen Schwangerschaftsverlauf nach einer IVF-Therapie mit Eizellspende beeinflussen können ist bisher unklar.
So nahm man beispielsweise bislang an, dass trotz des normalen Gebärmutteraufbaues, der durch eine optimale hormonelle Substitution erreicht werden kann, uterielle Kontraktionen bzw. Wehentätigkeiten ausbleiben würden. Normalerweise bewirkt die Ausschüttung des Peptidhormons Oxytocin eine Kontraktion der Gebärmuttermuskulatur. Die Oxytocin-Ausschüttung und die anschließende Signalweiterleitung stellt die Basis der Wehentätigkeit dar. Weiterhin vermehren sich während der Schwangerschaft die Oxytocin-Rezeptoren am Uterus, so dass die Empfindlichkeit für das Hormon zunimmt.
Vor ein paar Jahren wurde von einer Arbeitsgruppe postuliert, dass Swyer-Syndrom Betroffene entweder keine Oxytocinrezeptoren im Myometrium der Gebärmutter besitzen, oder unbekannte uterielle Unzulänglichkeiten in der Gebärmutteranatomie keine Kontraktionen erlauben.
Diese Hypothese konnte in der kürzlich von den IVF Zentren Prof. Zech veröffentlichten Analyse widerlegt werden. So wurden bei einer Frau mit dem Swyer-Syndrom post-operativ nach Kaiserschnitt, Gebärmutterkontraktionen eindeutig festgestellt. Die Betroffene brachte übrigens im Jahr 2011 nach einer durchgeführten IVF-Therapie und einer komplikationslosen, 36-wöchigen Schwangerschaft gesunde Zwillinge zur Welt – dies war zuvor erst einmal in der Fachliteratur beschrieben!
Nebenbei …
Bisher konnten die IVF Zentren Prof. Zech in einem weiteren Fall zur Erfüllung des langersehnten Kinderwunsches beitragen. Darüber hinaus ist derzeit eine Frau mit diagnostiziertem Swyer-Syndrom nach einer optimalen IVF-Behandlung schwanger.
Links:
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